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Prof. Dieter Ameling: Die Rolle des Stahls in der Perspektive der Neuen Seidenstraße

Prof. Dieter Ameling

früherer Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl und ehemaliger Vorsitzender des Stahlinstituts VDEh.


 

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, ich möchte mich als erstes beim Schiller-Institut bedanken für die Einladung, heute nachmittag einen Vortrag zu halten zu dem Thema „Die Rolle des Stahls in der Perspektive der Neuen Seidenstraße“. Und ich will versuchen, die Botschaft hinüberzubringen.

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Stahl-Zentrum

Abb. 1: Stahl – der Werkstoff Nummer Eins in der Welt.

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Ich beginne mit diesem Bild (Abbildung 1), um „Die Bedeutung des Werkstoffes Stahl“ herauszustellen. Stahl trägt die Welt, und Stahl bewegt die Welt. Wenn Sie sich einmal einen Augenblick vorstellen, wir hätten keinen Stahl – wir hätten keine Möglichkeit mehr, zu fahren, zu schwimmen oder mit dem Flugzeug zu fliegen. Für alle diese Aktivitäten brauchen Sie den wunderbaren Werkstoff Stahl. Das ist ohne Zweifel der Werkstoff Nummer Eins in der Welt. Stahl als Fertig- oder halbfertiges Produkt, ungeformt, veredelt oder bearbeitet, in allen möglichen Varianten wird er von unseren Unternehmen hergestellt.

Insbesondere die Automobilindustrie ist natürlich ein sehr großer Kunde. Wenn Sie allein daran denken, daß im Wolfsburger Volkswagenwerk jeden Tag 4000 Golf gebaut werden, dann sind das auch mindestens 4000 t Stahl, die dafür gebraucht werden. Denn es gibt ja eine Menge Schrott, der bei der Produktion noch anfällt – Abschnitte etc. -, und das muß logistisch alles aufeinander abgestimmt sein. Man kann also wirklich sagen: Ohne den Stahl würde sich auf der Welt nichts mehr bewegen.

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Stahl-Zentrum

Abb. 2: Weltstahlerzeugung 1970-2013, Mio. Tonnen/Jahr (Quellen: Stahl: worldsteel; Aluminium: International Aluminium Institute; Magnesium: US Geological Survey; Kunststoffe: PlasticsEurope Market Research Group)

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Und wenn wir einmal die Bedeutung des Werkstoffes Stahl vergleichen mit anderen Werkstoffen (Abbildung 2), dann sind wir sehr schnell bei diesem Bild: Sie sehen hier, ganz links am Bildrand, die Säule des Werkstoffes Stahl für das Jahr 2013: 1,607 Mrd. t Stahl sind in diesem Zeitraum, im Jahr 2013, produziert worden. Und im Vergleich dazu spielt das Aluminium eine relativ geringe Rolle, mit 107 Mio. t, Magnesium schon gar nicht. Plastik allerdings hat mit 288 Mio. t schon einen ganz bemerkenswerten Anteil. Aber ausschließlich mit Plastik kann man keine Autos bauen, man ist dann immer noch auf den Werkstoff Stahl angewiesen. Und ganz am rechten Bildrand ist der Karbonfaser-verstärkte Kunststoff aufgeführt, der sich jetzt gerade erst in der Entwicklungsphase befindet, der aber sicherlich in der Zukunft etwas größere Anteile realisieren wird.

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Stahl-Zentrum

Abb. 3: Rohstahlproduktion weltweit seit 1900, Mio. t/Jahr.

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Wenn wir uns die Entwicklung der Weltstahlproduktion von 1900 an betrachten (Abbildung 3), dann darf ich das mal wie folgt kommentieren: Etwa bis zum Jahre 1950 ist das eine sehr, sehr geringe Steigerung, die in der Produktion erzielt wurde. Erst ab dem Jahre 1950 kommt dann ein steilerer Anstieg, der sich in den siebziger, in den achtziger und zum Teil auch noch in den neunziger Jahren in eine Sättigung eingespielt hat – also keine größeren Anteile mehr, kein größeres Wachstum mehr. Und erst ab dem Jahre 2000 beginnt dann eine explosionsartige Vermehrung der Stahlproduktion – in China.

China ist die Nummer Eins bei der Stahlproduktion

China ist inzwischen die absolute Nummer Eins in der Rohstahlerzeugung in der Welt, wie ich Ihnen auch anhand der weiteren Bilder noch vorstellen werde. Die Entwicklung Chinas können Sie anhand dieser Kurve schon in etwa erahnen: Man hat dort in den sechziger und siebziger und achtziger Jahren nur ganz wenig produziert, deutlich unter 100 Mio. t, und erst dann kommt ein langsamerer Anstieg, der dann explosionsartig größer wird im Jahre 2000/2001.

Darunter sehen Sie noch eine ganz kleine Kurve, die kommt gleich im nächsten Bild noch etwas deutlicher, das ist die Entwicklung in Indien. Und wir werden das gleich gemeinsam noch versuchen zu analysieren: Was unterscheidet eigentlich Indien von China?

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Stahl-Zentrum

Abb. 4: Rohstahlerzeugung in China und Indien, in Mio. t/Jahr.

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Hier (Abbildung 4) kommt das noch etwas deutlicher zum Vorschein: Hier sehen Sie in China – das ist der erste, gelbe Abschnitt dieser Karte – etwa bis zum Jahre 1979 eine ganz schwankende und ganz niedrige Rohstahlerzeugung pro Jahr, deutlich unter 50 Mio. t, die dann 1989 langsam weitergestiegen ist, bis zum Jahre 2000, in dem zum ersten Male etwa 120-130 Mio. t in China erzeugt wurden, um dann allerdings in den darauf folgenden Jahren explosionsartig zu wachsen.

Indien zieht nach – aber langsamer

Und nun, im Vergleich dazu, Indien: In Indien spielte der Werkstoff lange Zeit eine sehr untergeordnete Rolle, keine Frage, und erst etwa im Jahre 2005 beginnen dann die Inder neue Modelle zu entwickeln, wie man sich die zukünftige Rohstahlproduktion in Indien vorstellt. Und wenn ich Ihnen sagte, daß Indien auch heute noch – im Jahr 2013 – nur 80 Mio. t Stahl produziert hat, dann ist das im Vergleich zu China natürlich eine sehr, sehr niedrige Zahl, obwohl sich die Bevölkerung in beiden Staaten langsam annähert, wie Sie gleich noch sehen werden.

Ich fürchte, daß die Entwicklung in Indien so schleppend und langsam weitergeht, denn solche Entscheidungen, wie sie in China fallen – „wir bauen jetzt von Peking nach Shanghai eine Eisenbahn, die wird heute beschlossen und morgen umgesetzt“ -: Wenn Sie das in Indien machen würden, also beschließen, eine Eisenbahn quer durch den Subkontinent zu bauen, dann würde das nicht morgen anfangen, sondern vielleicht erst 14 Tage später, und erst in mehreren Jahren fertig werden. Die Chinesen haben hier eben den großen Vorteil, daß sie solche Entscheidungen sehr viel schneller und sehr viel konsequenter umsetzen können.

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Stahl-Zentrum

Abb. 5: Rohstahlerzeugung weltweit, nach Regionen (in %).

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Und wenn man nun im Vergleich zu der Ist-Situation in China auch noch die anderen Regionen der Welt betrachtet (Abbildung 5), dann ist dieses Bild sicher geeignet dafür, das darzustellen. Sie sehen hier am rechten Bildrand das Jahr 2013. Sie sehen wieder die 1,6 Mrd. t, die Sie schon in dem ersten Bild gesehen haben, und China hat inzwischen einen Anteil von fast 50% an der Rohstahlproduktion der Welt erreicht – und das innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren.

Das ist eine dramatische Entwicklung, und man kann heute sagen, das Zentrum der Stahlerzeugung der Welt befindet sich in Asien. Dann liegen wir immer richtig. Das war mal in den USA, in den fünfziger Jahren lag das Zentrum der Stahlerzeugung in den USA; in den siebziger und neunziger Jahren ist es eher über Europa gewachsen, und eben seit dem Jahr 2000 dann in China und in Asien.

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Stahl-Zentrum

Abb. 6: Rohstahlerzeugung weltweit 2012 und 2013 (in Mio. t)

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Die übrigen Staaten der Welt, die ebenfalls an der Stahlproduktion beteiligt sind, zeige ich Ihnen in diesem Bild (Abbildung 6). Nach China ist die EU – noch der 27, in 2013 – die Nummer zwei, aber mit ganz deutlichem, erheblichem Abstand gegenüber China, das auch in 2013 noch über die Produktion des Jahres 2012 hinausgegangen ist. Und der kleine rote Anteil, das ist der Anteil Deutschlands an der Produktion der Europäischen Union, der liegt bei etwa 45 Mio. t. Das ist die Menge, die die Chinesen in einem halben Monat erzeugen, und wir brauchen dafür ein ganzes Jahr.

Dann kommen Japan, die USA und Indien – da sind auch die 81 Mio. t, die ich Ihnen schon nannte -, dann kommen Rußland, Südkorea, die Türkei und Brasilien, um Ihnen nur die führenden Weltstahlproduzenten zu nennen.

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Abb. 7: Weltweite Stahlnachfrage nach Sektoren 2011 und 2025

Stahlerzeugung 2011: 1414 Mio. t, Rohstahl-Äquivalent 1537 Mio. t,

OECD-Prognose 2025: 2347 Mio. t, Rohstahl-Äquivalent 2551 Mio. t.

(Quelle: OECD, Dez. 2012)

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Wenn Sie mich fragen, wie geht die Entwicklung bei Stahl weiter, dann verweise ich auf eine Untersuchung, die im Dezember 2012 von der OECD vorgelegt worden ist. Sie kommt zu dem Ergebnis, daß wir im Jahre 2025 auf 2,5 Mrd. t Stahl kommen werden (Abbildung 7).

Das ist eine Zahl, die aus meiner Sicht arg hoch gegriffen ist; insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen auf unserem Globus ist die Zahl, glaube ich, etwas zu hoch gegriffen. Aber wenn es nur 2,2 Mrd. t Stahl werden würden, wäre das ja auch schon eine exorbitant große Zahl, die gebraucht wird für allerlei Werkstoffanwendungen insgesamt.

Auch die Nachfrage nach Rohstoffen wächst

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Abb. 8: Angereichertes Eisenerz, Weltproduktion in Mio. t. (Quellen: ThyssenKrupp Steel, WG iron Ore, US Geological Survey, Steel Institute, VDEh)

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Rohstoffe sind natürlich ganz wichtige Komponenten, um solche Werkstoffe herstellen zu können. Sie sehen in diesem Bild (Abbildung 8) die Weltproduktion für angereichertes Eisenerz. Viele Erze, die aus der Mine kommen – wir sagen Run-off-mine-Erze – kann man direkt, unmittelbar einsetzen für die Stahlerzeugung. Es gibt aber auch Erzgruben, die nicht so hohe Eisenanteile enthalten, da macht man vorher einen Anreicherungsprozeß, so daß mehr Eisen im Eisenerz, in der aufbereiteten Masse, enthalten ist, und das nennt man dann eben Anreicherung von Eisenerz.

Und um diese Mengen insgesamt handelt es sich hier: Es sind 2,3 Mrd. t Eisenerz, die wir jedes Jahr einsetzen, um die Weltrohstahlproduktion zu versorgen. Und kein Zweifel, China ist auch hier die Nummer Eins. China produziert selber eine relativ große Menge an Eisenerz, importiert aber aus Australien und heute sogar aus Brasilien Eisenerze, um den Gesamtbedarf in China decken zu können.

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Stahl-Zentrum

Abb. 9: Weltkoksproduktion nach Regionen 2013. (Quellen: Andrew Jones, Resource.net, European Coke Committee)

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Und ein ähnlich wichtiger Rohstoff ist der Koks, der Koks, der aus der Steinkohle hergestellt wird (Abbildung 9). Dem Eisenerz den Sauerstoff zu entziehen, das ist keine überwiegend energetische Anwendung von Kohlenstoff, sondern das ist eine stoffliche Anwendung von Kohlenstoff, der eben dazu dient, diese Reaktion – Eisenoxid plus Kohlenstoff – so ablaufen zu lassen, daß am Ende ein metallisches Eisen stehenbleibt. Das ist also eine stoffliche Anwendung dieses Werkstoffes. Aber auch dabei entsteht Kohlendioxid, das CO2, in der Anwendung dieses stofflichen Rohstoffes.

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Abb. 10: Chinas Rohstoffhunger – Auswirkungen auf Afrika und Lateinamerika (Quelle: Deutsche Bank Research, Juni 2006)

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Chinas Rohstoffhunger beeinflußt die Welt, daran gibt es keinen Zweifel. China hat es sehr früh verstanden, auch Kontakte mit den südamerikanischen Staaten zu finden, und hier insbesondere mit Argentinien und Brasilien (Abbildung 10). Brasilien ist hier ausgezeichnet in Blau, für die Rohstoffversorgung mit metallischen Rohstoffen, und das ist im wesentlichen Eisenerz; Argentinien ist hier aufgeführt für Nahrungsmittel – Soja -, und in Südafrika sind dann verschiedene Staaten beteiligt mit Öllieferungen für China.

Was hier noch fehlt in dem Bild, ist eigentlich die Versorgung Chinas mit Eisenerzen aus Indien. Die Inder haben in den vergangenen Jahren deutlich höhere Mengen an Eisenerz nach China geliefert, als das heute noch der Fall ist. Die Inder haben gegenüber den Chinesen das Eisenerz abgeblockt, wenn das früher einmal 100 Mio. t waren, sind es heute nur noch 3 Mio. t, die aus Indien nach China als Rohstoff für die dortige Stahlerzeugung geliefert werden.

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Wirtschaftswoche

Abb. 11: Ländervergleich China, Indien, USA und Deutschland

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Hier kommt nun der Ländervergleich, wie er von der Bevölkerungsseite her aussieht (Abbildung 11), das sind die aktuellsten Zahlen, die ich hier eingetragen habe: China ist inzwischen auf 1,372 Mrd. Menschen angewachsen, noch stärker allerdings Indien. Indien stand im Jahr 2006 noch bei 1,1 Mrd., die neueste Zahl ist jetzt 1,296 Mrd., das sind also jetzt fast 1,3 Mrd. Menschen, die in Indien leben, gefolgt vom nächstgrößeren Bereich, den USA, mit 321 Mio. Menschen. Und daneben verschwindend gering ist die Bevölkerung in Deutschland mit 81 Mio. Menschen.

Darunter finden Sie den Flächenvergleich für die wesentlichen Länder: die USA mit 9,8 Mio. km2 und China mit 9,6 Mio. km2, gegenüber Indien mit 3,3 Mio. km2 – nur noch ein Drittel von China und den USA -, und ganz verschwindend niedrig ist dann der Anteil Deutschlands an der Fläche der Welt, mit etwa knapp 400.000 km2.

Gewaltiges Wachstum in China

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Stahl-Zentrum

Abb. 12: China: Rasantes Wachstum wichtiger Industrieprodukte (Quellen: Statistisches Jahrbuch China, CISA, Wu Xichun)

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Ich haben Ihnen ein paar Bilder mitgebracht, um zu zeigen, wie die chinesische Regierung ihren letzten oder besser gesagt vorletzten Fünfjahresplan behandelt hat (Abbildung 12). Das ist der Vergleich des Fünfjahresplans von 2000 bzw. von 2000 bis 2005, einen neueren Plan hatte ich leider noch nicht. Aber Sie sehen hier ganz erhebliche Steigerungsmengen, insbesondere natürlich beim Stahl: Sie sehen, daß wir hier in 2005 auf fast 400 Mio. t gekommen sind. Die PKW-Produktion ist explosionsartig angestiegen, von 600.000 um 361% auf 2,77 Mio.; auch Zement ist noch deutlich gesteigert worden, bei Klimaanlagen eine dramatische Steigerung im Fünfjahresplan, und bei den PCs, also bei den persönlichen Computern, ebenfalls ein dramatischer Anstieg.

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Beijing Review

Abb. 13: China: Wichtige Entwicklungsziele bis 2010.

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In diesem Bild (Abbildung 13) sind die wichtigen Ziele der Politik in China zusammengestellt, auch vor dem Hintergrund Ihres Obertitels „Seidenstraße“. Sie sehen hier in dem Fünfjahresplan von 2005 bis 2010 zunächst das Bruttoinlandsprodukt (BIP), was ganz erheblich gesteigert wurde in dieser Zeit. Auch das BIP pro Einwohner ist ganz erheblich gestiegen, und wenn bei der Urbanisierung von 2005-2010 „nur“ 4% dazugekommen sind, dann müssen Sie sich vergegenwärtigen, daß 4% der chinesischen Bevölkerung etwa 100 Millionen sind. Und die unterzubringen in neuen Wohnungen heißt eben, dafür Wohngebäude, ganze Städte neu zu bauen, und dafür wird natürlich auch ein großer Teil des vorhin genannten Stahles benötigt. Und selbst das Ziel, die Waldfläche anzuheben – von 2005 bis 2010 um nur 2% – ist bezogen auf die gewaltige Fläche dieses Landes auch ein vergleichsweise hoher Anteil.

Es gibt natürlich auch eine Reihe von Schwachstellen im Bereich Chinas, das wollen wir in dem Zusammenhang auch nicht verkennen. Das sind die Probleme der Landwirtschaft; aus den Sünden der vorhergehenden Regierungen ist das übrig geblieben, und es hat natürlich auch zu Massenarbeitslosigkeit in China geführt. Es gibt soziale Spannungen und unzureichende Sicherungssysteme, es ist das Problem der Privatisierung maroder Staatsbetriebe noch zu nennen, die Insolvenz des chinesischen Bankensystems, die Rivalitäten zwischen kommunaler, regionaler und zentraler Macht, was sich auch immer wieder in unsere Regionen auswirkt, die zunehmende Ressourcenverknappung – das habe ich ja klar gemacht, wieviel Rohstoffe gebraucht werden – und natürlich das Problem des noch unzureichenden Umweltschutzes. Das sind die Sorgen, die auch die chinesische Regierung bewegen.

Wir brauchen Innovationen

Kein Zweifel daran, daß wir Innovationen brauchen. Unsere chinesischen Kollegen oder unsere indischen Kollegen brauchen Innovationen, auch wir hier in Europa brauchen weiterhin Innovationen, um auch im internationalen Wettbewerb überleben zu können.

Diese Innovationen führen dann zu einer größeren Ressourceneffizienz, das ist unser allgemeines Ziel, mit den natürlichen Ressourcen wie Eisenerz, Energie, mit den Kapitalressourcen oder auch mit den Humanressourcen vorsichtig und sparsam umzugehen, um die Leistungsfähigkeit unserer Staatswesen auch aufrechterhalten zu können.

Wenn ich das auf den Werkstoff Stahl anwende, dann geht es darum, Werkstoffinnovationen zu entwickeln, Produktinnovationen, Anwendungsinnovationen, Organisations- und Verfahrensinnovationen. Das ist unser treibender Motor, nicht nur in Europa, sondern ganz besonders natürlich auch in China und in Indien – dort ist es etwas problematischer, weil Indien mit seiner Bürokratie so steile Wachstumsraten, wie wir sie in China vorgefunden haben, auch in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht haben wird.

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VW

Abb. 14: Stahl-Innovationen im Automobil: Beanspruchungsgerechter Stahlgütereinsatz am Beispiel des VW Passat.

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Ich habe Ihnen nur ein einziges Beispiel mitgebracht zu dem Thema Werkstoffinnovationen: Hier (Abbildung 14) sehen Sie aus der Quelle VW die Zusammenstellung verschiedener Werkstoffe für das Automobil Passat, und die verschiedenen Farben dieses Bildes signalisieren verschiedene Festigkeitsklassen der verwendeten Stähle. Ich mache hier nur auf dieses orangefarbene Teil aufmerksam, das ist die sog. B-Säule, Teile des Daches und Teile des Fußraums, und hier die Stoßfänger: Das ist ein hochfester, schwierig umformbarer Werkstoff. Er führte z.B. dazu, daß die Feuerwehren in Europa mit neuen Scheren ausgerüstet werden müssen, um überhaupt bei Unfällen die Personen freischneiden zu können. Dieser Werkstoff, der hier eingesetzt wird, ist so hart, daß man ihn mit herkömmlichen Scheren nicht mehr schneiden kann.

Das ist eine klassische Produktinnovation, die der neue Passat gewonnen hat.

Wir brauchen einen hohen Anteil industrieller Wertschöpfung

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IW

Abb. 15: Anteil der Industrie an der Bruttowertschöpfung in % (Quelle: OECD)

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Ein ganz wichtiges Kapitel ist das Kapitel der Industrialisierung. Unser Wohlstand hier in Deutschland und unser soziales Netz hängen ganz einfach vom Anteil der Bruttowertschöpfung der Industrie an der Gesamtwertschöpfung der Volkswirtschaft ab (Abbildung 15). Wir liegen hier in Deutschland derzeit immer noch bei rund 25% des BIP, 25% des BIP sind industrielle Wertschöpfung. Korea, als Vergleichsland hier mit aufgeführt, liegt deutlich über 30%. Aber was ich für besonders kritisch halte, ist, daß in England inzwischen der Anteil des industriellen Produkts an der gesamten volkswirtschaftlichen Leistung auf fast 15% abgesunken ist, und in Frankreich sogar noch tiefer abgesunken ist, nämlich etwa 12,5-13%. Das ist im Vergleich dazu die besondere Stärke des Wirtschaftsstandortes Deutschland in der Europäischen Union, daß hier noch ausreichende Wertschöpfung im Bereich der industriellen Fertigung dargestellt werden kann.

An den Rändern wächst nämlich inzwischen die Armut. Dies ist ein Artikel, den ich zitiere, aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Juni dieses Jahres: „Eine brisante Studie aus Großbritannien zeigt: Trotz steigender Wirtschaftskraft nimmt die materielle Not zu. Eltern sparen am eigenen Essen, um ihre Kinder satt zu bekommen, Bürgern fehlt es an Kleidung und Familien frieren daheim, weil sie Heizkosten sparen müssen.“

Das sind massive, kritische Schwachpunkte dieser Volkswirtschaft, die unter anderem ganz klar darauf zurückzuführen sind, daß der Anteil der industriellen Wertschöpfung in diesem Land viel zu klein geworden ist. Wir müssen alles daran setzen, um insbesondere unsere Politiker und unsere Wirtschaftspolitiker zu überzeugen, daß wir unseren 25%-Anteil an der Bruttowertschöpfung aufrecht erhalten können.

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IW

Abb. 16: Energie-Boom in den USA (Ursprungsdaten: BP)

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Ein anderes Thema, was uns natürlich auch bewegt, ist die Frage der Energieversorgung, und da habe ich Ihnen dieses Bild mitgebracht (Abbildung 16). Es gibt einen Energieboom in den USA. Die Ölproduktion ist von 2000 bis 2013 ganz deutlich gestiegen, wie man hier leicht erkennen kann. In der Europäischen Union sieht man ebenfalls die Gasproduktion in Mrd. m3. Hier spielt hinein, daß insbesondere in den USA eine neue Technologie der Gewinnung von Schiefergas und Schieferöl praktiziert wird, die dazu führt, daß die Energiepreise in dem Land sehr stark abgesunken sind. Sie liegen dort heute bei einem Viertel bis einem Drittel der Energiepreise, die wir hier in Europa haben, und das erklärt natürlich eine besondere Leistungsfähigkeit der Amerikaner. Und das könnte auch dazu führen, daß unsere Industrie stärker in Richtung USA abwandert, um eben diese günstigeren Energiepreise mitnehmen zu können und sich nicht mit dem Problem des Emissionshandels und der erneuerbaren Energien in Europa herumplagen zu müssen.

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IW

Abb. 17: Erdgas: Fracking läßt die Preise purzeln. Durchschnittspreise je Einheit Erdgas (in US-Dollar).

(Ursprungsdaten BP)

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Das ist die Entwicklung der Gaspreise (Abbildung 17) – „Fracking läßt die Preise purzeln“. Sie sehen die Kurve für Deutschland mit 10,7 am rechten Bildrand, und mit 3,7 in den USA, da kann man also sagen: Die Amerikaner haben ein Drittel der Energiepreise, die wir hier in Europa haben, und damit ganz erhebliche Wettbewerbsvorteile realisiert.

Zusammenfassung

Damit bin ich auch schon bei meiner Zusammenfassung.

* Stahl ist ohne Zweifel weltweit der Werkstoff Nr. 1.

* Die Rohstahlproduktion steigt weiter, aber zurzeit gibt es auch Probleme mit Überkapazitäten. – Das muß ich an dieser Stelle auch erwähnen. Die Chinesen haben ihre Rohstahlkapazitäten sehr stark ausgeweitet, die Fachleute reden heute davon, daß China etwa 200 Mio. Tonnen Rohstahlkapazität zuviel hat, aber auch in Europa sind die Kapazitäten derzeit zu hoch. Wir haben in Europa auch etwa 40 Mio. t zuviel an Kapazität, und das führt natürlich auch zu einem unzureichenden Preisniveau.

* China ist der Stahlproduzent Nr. 1.

* China braucht für die Wirtschaft hohe Wachstumsraten.

* Indien wird kein zweites China, wegen der Bürokratie, ich habe es schon erwähnt.

* Die Rohstoffversorgung war knapp, das hat sich entspannt.

* Innovationen sichern die Zukunft.

* Voraussetzung für den Wohlstand ist ein Industrieanteil von 25% an der Bruttowertschöpfung.

* Die USA haben die niedrigsten Energiekosten.

Vielen Dank, daß Sie mir so geduldig zugehört haben.

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