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Talal Moualla: Neuorientierung der kulturellen Variablen — Auf dem Weg zu einem modernen kulturellen Ansatz

Talal Moualla

Aufsichtsrat des Syrischen Entwicklungsfonds, Vorstandsdirektor des Projektes „Transformation des syrischen kulturellen Erbes“, Kultusministerium, Syrien


 

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Neuorientierung der kulturellen Variablen: Auf dem Weg zu einem modernen kulturellen Ansatz

Nachdem wir den Film über Aleppo mit all seinen Details gesehen und den Beitrag von Frau Dr. Buthaina Shaaban gehört haben, ist es jetzt schwierig, Worte zu finden. Ich bin vor allem Künstler, aber auch Forscher über moderne Ästhetik sowie Organisator internationaler Kunst- und Kulturveranstaltungen.

Ich habe das letzte Vierteljahrhundert außerhalb von Syrien verbracht, aber nach Ausbruch des Krieges bin ich zurückgekehrt. Der Krieg hat auf einfache Weise begonnen, aber er wurde immer komplizierter, und je komplizierter er wurde, desto mehr glaubte ich, bleiben zu müssen und etwas dagegen zu unternehmen. [Applaus] Ich arbeite deshalb als unabhängiger, freischaffender Künstler, und ich bin auch anerkannter Experte des Kulturerbes bei der UNESCO.

Ich habe nie daran gedacht, über mich selbst zu sprechen, denn ich spreche immer über andere; meine Gemälde und meine Schriften waren Ausdruck meiner selbst. Doch je mehr sich die Krise in Syrien zuspitzte, desto größer wurde mein Interesse an den Anstrengungen der Gesellschaft.

In Syrien glauben wir, daß unser Erbe und unsere Kultur gezielt angegriffen werden. Dieser Terrorismus führt zur Demontage der Gesellschaft von innen. Als Intellektuelle glauben wir, daß der gegen uns gerichtete Terrorismus zwei Seiten hat. Die eine ist intellektueller Terrorismus, und die andere ist ein Terrorismus, der sich gegen die Moral und die Ethik insgesamt richtet.

Ich dachte, daß ich nie beschreiben müßte, was ich in diesem Krieg gesehen und erlebt habe. Aber es liegt nahe, daß meine Erzählungen und Erläuterungen mein kreatives Mittel sind, um die Lage zu verdeutlichen – mein Mittel der intellektuellen, kulturellen und künstlerischen Kreativität.

Das Gespräch mit den Mitgliedern meiner Gesellschaft ist sehr wichtig, um die kulturelle Identität unserer Gesellschaft wiederherzustellen. Dieses Konzept beginnt mit der Suche nach Sicherheit und endet damit, sich dem Terrorismus entgegenzustellen. Als Intellektuelle innerhalb oder außerhalb Syriens bemühen wir uns deshalb, auf Treffen, zu denen wir zusammenkommen, und vor Institutionen, die die Identität unserer Kulturen zu bewahren helfen, Syriens kulturelles Erbe darzustellen.

Der Terrorismus hat in Syrien vor allem die Kultur zum Ziel, und darüber haben Sie bereits viel gesehen und gehört. Er zielt aber auch gegen das Erinnern. Deswegen werden Museen und archäologische Stätten angegriffen und zerstört, und man geht gezielt gegen Menschen vor, die aus ihren Wohnorten mit all ihren Werten – Kultur, Tradition, Gewohnheiten usw. – vertrieben werden.

Über Politik zu sprechen, ist natürlich eine lange Angelegenheit, aber wir haben es hier mit einer politischen Krise zu tun, die sich auf die Kultur und alle anderen Aspekte auswirkt. Sie berührt die Identität, die gesellschaftliche Zugehörigkeit und die Kommunikation in der Gesellschaft.

Als Intellektuelle glauben wir deshalb, daß man mit diesem Problem nur umgehen kann, wenn man mehr Kreativität verlangt – künstlerische Kreativität und einen Dialog der Kulturen sowie die Förderung kreativer Betätigung von Künstlern in der Gesellschaft.

Wenn wir klug sind, müssen wir als erstes die Menschen in Syrien wiederherstellen – die Menschen zuerst, und alles andere kommt danach. Die Krise in Syrien ist keine Krise des Staates, wie es gewöhnlich dargestellt wird. Sie ist eine Krise der Gesellschaft, die daran gewöhnt ist, Kultur und Zivilisation für die gesamte Welt zu erzeugen. Es gibt viele Fragen, die beantwortet werden müssen, aber ihre Beantwortung hängt auch von der Position der internationalen Gemeinschaft, der öffentlichen Meinung, von internationalen Organisationen und dem Völkerrecht ab, das die Werte der Menschheit befördern muß.

Wir leiden unter der Massenabwanderung von Intellektuellen, und die daraus resultierenden Gefahren sind vielfältig. Jene, die flüchten, sind der Geist Syriens, denn die Kultur ist immer der Geist von Nationen.

Inmitten der Zerstörung aller großen Kulturbereiche in Syrien erlebte ich auch, wie die Terroristen mein Atelier und Hunderte meiner Gemälde in Brand steckten, aber das bedeutet nichts, denn das gewalttätige Verhalten der Terroristen zielt darauf ab, in den Menschen die Idee der Anwendung von Gewalt einzuprägen. Durch ihren Barbarismus entfernen sie die Menschlichkeit aus dem Inneren der Menschen. In ihren Angriffen auf die Kultur ist ihnen sehr bewußt, was sie anrichten, nämlich die Einheit der Gesellschaft zu zerstören.

Alle Länder haben Erfahrungen mit Krieg. Das sind immer Momente der Transformation für die Menschheit. Wir alle müssen aber optimistisch in unserem Glauben bleiben, daß die Kreativität immer eine wichtige Rolle spielt, um Frieden zu schaffen.

Ich danke dem Schiller-Institut für diese Einladung und spreche meinen besonderen Dank der geschätzten Vorsitzenden des Instituts, Frau Helga Zepp-LaRouche, und Herrn Ulf Sandmark aus, den ich in Damaskus traf, und auch Hussein Askary, der meine Gedanken für Sie übersetzt hat. Ich muß Sie jetzt verlassen und hoffe, Sie in meinem Heimatland Syrien wiederzutreffen.

Vielen Dank.

 

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